Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis

Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis

Andere Länder dienen als Beispiel für Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis auch in DeutschlandDas Ende der jahrzehntelangen Cannabisprohibition rückt nun auch Deutschland in greifbarer Nähe. Der Beschluss der Regierung steht, trotzdem gibt es immer noch kritische Stimmen. Welche Auswirkungen wird die Legalisierung von Cannabis in Deutschland mit sich ziehen? Was bedeutet sie für die Gesellschaft, die Volkswirtschaft, Kriminalitätsrate, Konsumverhalten und Drogenpolitik? Aufschluss gibt ein Blick über den Tellerrand – in die Staaten, welche den Schritt der Legalisierung bereits gegangen sind. Wir haben recherchiert und Erfahrungswerte anderer Länder zusammengestellt. Aufgrund verschiedener Stufen der Legalisierung und unterschiedlicher politischer Voraussetzungen lassen sich Erfahrungswerte nicht pauschal auf die Bundesrepublik projizieren. Dennoch sind wir auf interessante Fakten bezüglich der Auswirkungen der Legalisierung gestoßen:

Die Facetten der Legalisierung: Unterschiedliche Ansätze

Weltweit erleben wir derzeit einen zunehmenden Trend hin zur Legalisierung. Eine globale Übersicht findest du in der Länderübersicht. Manche Länder haben Cannabis bereits offiziell legalisiert, in anderen ist es nur geduldet, die Gesetzeslage unterscheidet sich in diesen Staaten allerdings teilweise sehr, dementsprechend auch die Auswirkungen der Legalisierung. So haben wir aus der Liste einige Länder mit verschiedenen Gesetzeslagen herausgefiltert, um aus deren Erfahrungen Rückschlüsse zu ziehen auf die Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis in Deutschland:

USA

Ambivalent in Sachen Cannabislegalisierung ist die Entwicklung in den USA. Im letzten Jahrhundert noch Vorreiter der Durchsetzung weltweiter Prohibition, haben im Jahre 2012 die Bundesstaaten Colorado und Washington als erste Gliederstaaten den Schritt der Legalisierung gewagt. Mit Erfolg, es werden jährlich mehr.

Mittlerweile ist es in 19 Bundesstaaten für Personen ab 21 Jahren erlaubt, Cannabis und Cannabisprodukte zu kaufen und zu konsumieren – neben medizinischen auch zu Genusszwecken. Der private Anbau ist je nach Bundesstaat unterschiedlich geregelt.

Niederlande

Hättest Du es gewusst? Obwohl sich die Niederlande als europäische Cannabis-Mekka einen Namen gemacht haben, ist es dort offiziell illegal – sowohl der Anbau als auch der Verkauf sind ordnungswidrig – aber nicht strafbar.

Grauzone: Seit 1976 sind weiche Drogen in den Niederlanden lediglich geduldet. Das gilt ebenfalls für die beliebten Coffeeshops, die Marihuana und Cannabisprodukte verkaufen.

Die Regeln sind klar: Werbung und Verkauf an Minderjährige sind verboten. Seit 2021 wird in zehn Städten in den Coffeeshops nur Marihuana aus lizenzierten und behördlich überwachten Anlagen verkauft.

Kanada

Im Juni 2018 beschloss der kanadische Senat, Cannabis als Genussmittel für Personen ab 19 Jahren zu legalisieren. Seither dürfen alle Erwachsenen ab 19 Jahren in der Öffentlichkeit bis zu 30 Gramm Cannabis mit sich führen.

Cannabis darf in Kanada überall dort konsumiert werden, wo auch das Rauchen von „klassischen“ Tabakwaren erlaubt ist. Öffentliche Gebäude, ÖPNV etc. sind tabu.

Der Erwerb von Cannabis und Autofahren unter Cannabiseinfluss sind weiterhin verboten.

Unterschied zur geplanten Legalisierung in Deutschland: Der Eigenanbau von Marihuana ist in elf Provinzen erlaubt (beschränkt auf vier Pflanzen pro Haushalt)

Uruguay

Der südamerikanische Staat gilt als einer der Vorreiter in Sachen Cannabis-Legalisierung. Legal ist der Anbau von bis zu sechs Pflanzen. Der Anbau muss allerdings über eine staatliche Lizenz beantragt werden.

Zusätzlich zum Anbau ist der Erwerb von Cannabis für Erwachsene zu Genusszwecken erlaubt. Für den privaten Konsum können Volljährige bis zu 40 Gramm Marihuana pro Monat in Apotheken frei erwerben.

Luxemburg

Im Unterschied zu vielen anderen Staaten ist in Luxemburg der Anbau von Cannabis in kleinerem Maßstab für den Eigenbedarf erlaubt. Dieses Gesetz ist ein Ergebnis aus dem Maßnahmenpaket der luxemburgischen Regierung zur Bekämpfung der Drogenkriminalität.

Erlaubt ist der Anbau von bis zu vier Cannabis-Pflanzen pro Haushalt. Im Unterschied zur Schweiz ist der THC-Gehalt der Pflanzen nicht limitiert.

Der Verkauf und die Mitnahme von mehr als drei Gramm im öffentlichen Raum ist nach wie vor nicht erlaubt.

Schweiz

Entgegen der landläufigen Meinung: Legal ist Kiffen in der Schweiz offiziell nicht. Aber die Schweizer Regierung vertritt eine besondere Haltung zur Cannabisfrage: Der Besitz von weniger als zehn Gramm Marihuana gilt nur als Ordnungswidrigkeit, nicht als Straftat.

Liegt der THC-Gehalt der Pflanzen unter einem Prozent, ist der Besitz und sogar der Verkauf erlaubt.

Da der Besitz von „schwachem“ Cannabis entkriminalisiert ist, kann man in der Schweiz dieses sogar anbauen, auch der Kauf von Samen aus dem Ausland ist legal.

Exkurs: Unterschied zwischen Legalisierung und Entkriminalisierung

Wenn wir von Ländern reden, in denen Cannabis „erlaubt“ ist, so ist dies juristisch nicht immer in Form einer umfassenden Legalisierung der Fall. In vielen Staaten existiert lediglich eine Grauzone, d.h. Cannabis ist offiziell nicht legal, aber toleriert. Für die Betrachtung der Auswirkungen der Legalisierung ist dies ein wichtiger Aspekt, deshalb an dieser Stelle die Fakten:

Entkriminalisierung

  • …beschreibt eine Lockerung der Strafen für den persönlichen Gebrauch für Cannabis zu Genusszwecken, obwohl der Anbau und Verkauf per Gesetz illegal sind.
  • Das Rechtssystem sieht im Rahmen einer Entkriminalisierung nicht mehr vor, eine Person wegen Besitzes unter einer gesetzlich verankerten Menge strafrechtlich zu verfolgen. Dies bedeutet eine erhebliche Entlastung des staatlichen Verwaltungsaufwands.
  • Staaten, die Cannabis entkriminalisiert haben, verhängen trotzdem für den Besitz größerer Mengen und den Verkauf von Cannabis teilweise hohe Strafen.

Legalisierung

  • bedeutet die Aufhebung aller gesetzlichen Verbote gegen Cannabis.
  • Legalisierung ist ein Prozess, der eine Substanz oder Aktivität vollkommen legal macht und man sich bei Beschaffung, Konsum oder Verkauf keiner Straftat und auch keiner Ordnungswidrigkeit schuldig macht.
  • Fakt: Eine unbeschränkte Legalisierung von Cannabis, vergleichbar mit legalem Alkohol – das bedeutet straffreier Verkauf, Konsum und Herstellung in unbegrenzter Menge – gibt es derzeit noch nicht.

Der Staat verdient mit - Wirtschaftliche Auswirkungen der Legalisierung

Steuereinnahmen:
Unbestritten ist die Aussicht auf zusätzliche Steuereinnahmen einer der Hauptgründe für die Politik, Cannabis zu legalisieren. In allen Staaten, welche bisher in Sachen Legalisierung vorangegangen sind, hat sich dies mehr als bestätigt:

Beispiel USA
Die Summen der Steuereinnahmen nach der Legalisierung in den ersten Bundesstaaten überstiegen selbst die kühnsten Erwartungen. Der Vorreiterstaat Colorado verzeichnete 20 Millionen Dollar Cannabis-Steuern im ersten Monat der Legalisierung. Washington lag mit 70 Millionen im ersten Jahr der Legalisierung doppelt so hoch wie prophezeit. In Oregon liegen die monatlichen Einkünfte bei zehn Millionen anstatt der erhofften drei bis vier Millionen Dollar.

Steuerersparnis:
Zusätzliche Steuergelder werden durch die Legalisierung eingespart, welche zurzeit für die strafrechtliche Verfolgung von Kleindealern und Konsumenten ausgegeben wird.

Personalentlastung:
Eine weitere Auswirkung der Legalisierung ist die personelle Entlastung für den Staat, es werden dringend benötigte personelle Ressourcen bei der Polizei und Justiz frei.

Konkretes Beispiel BRD:
Selbst der Besitz von Kleinstmengen Cannabis hat in Deutschland per Gesetz eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das BtMG zur Folge, das bedeutet Manpower und Bürokratieaufwand. Die meisten dieser Verfahren werden aufgrund der tolerierten Mengen (je nach Bundesland unterschiedlich) wegen Geringfügigkeit wieder eingestellt. Auch dies verschlingt Steuergelder und Arbeitszeit unzähliger Beamte. Im Falle einer Legalisierung würden deshalb wichtige Ressourcen freigeschaufelt, welche in der heutigen Zeit bei Polizei und Justiz für dringendere Fälle benötigt werden.

Arbeitsplätze:
Eine Legalisierung schafft Tausende Arbeitsplätze. Ein komplett neuer Markt entsteht. Von lizenzierten Landwirten für den Anbau, den Vertrieb, Verkauf, Werbung bis zu Labormitarbeitern in Kontrollinstituten – es werden breitbandig neue Stellen auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sein. Auch dies hat sich in anderen Staaten bestätigt.

Die Haucap-Studie

Die Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis in Deutschland lassen sich hauptsächlich aus Erfahrungswerten prognostizieren. Diese sind aber nie genau auf unser Land projizierbar. Zu unterschiedlich sind die politischen und gesellschaftlichen Parameter.

Um die Folgen der Legalisierung speziell auf Deutschland vorauszusagen, haben sich zahlreiche Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler bemüht, mithilfe von Algorithmen in zahlreichen Studien die wirtschaftlichen Auswirkungen der Legalisierung in Zahlen zu fassen.

Die bekannteste dieser Studien ist die Haucap-Studie, sie wurde von dem Wettbewerbsökonom Dr. Justus Haucap vom Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) durchgeführt und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hanfverband (DHV) vorgestellt.

Laut Schätzungen des Deutschen Hanfverbands (DHV) beläuft sich die derzeit illegal konsumierte Menge an Cannabis in Deutschland auf jährlich 200 bis 400 Tonnen, entsprechend einem Wert von ungefähr 1,2 bis 2,5 Milliarden Euro – im Falle der Legalisierung eine Goldgrube für den Fiskus. Verglichen dazu ist der legale Markt für derzeit legalisiertes medizinisches Cannabis mit ca. 12,5 Tonnen (2021) eher gering.

Auswirkungen der Legalisierung auf den Konsum von Cannabis und anderen Drogen

Welche Auswirkungen auf den Konsum von Cannabis und anderen Drogen die Cannabislegalisierung hat, zeigt sich am Beispiel der NiederlandeEin Argument der Legalisierungsgegner ist die Befürchtung, dass durch eine Freigabe von Cannabis die Anzahl der Konsumenten und die Menge des Konsums in die Höhe schnellen könnte. An dieser Stelle kann Entwarnung gegeben werden: Mehrere Studien in Ländern, welche seit Jahren legalisiert haben, kamen zu dem Ergebnis, dass die Drogenpolitik nur einen geringen Einfluss auf die Konsumrate hat.

Beispiel Niederlande
In den Niederlanden ist Cannabis seit 1976 de facto entkriminalisiert, entsprechende statistische Erhebungen sind somit aussagekräftig.

Es wurden sowohl die Anzahl der Konsumenten als auch die Menge des Pro Kopf-Konsums betreffend keine signifikanten Unterschiede vor und nach der Entkriminalisierung festgestellt.

Positiver Nebeneffekt: Studien zufolge führte die lockere Drogenpolitik der Niederlande zu einem Rückgang der Konsumenten harter Drogen auf ein Niveau, welches unterhalb des Niveaus der meisten Länder Westeuropas und auch den USA lag. Im Zeitraum von 1976 bis 1994 ist die Konsumprävalenz harter Drogen von 12 auf 2,5 Prozent gesunken.

Auch kanadische Studien belegen, dass keinen Zusammenhang zwischen der Legalisierung und einem Anstieg des Konsums – auch nicht dem unkontrolliertem Konsums mit Suchtfolgen – besteht.

Aus den Erfahrungswerten lässt sich ebenso wenig die Theorie der „Einstiegsdroge Cannabis“ ableiten. Die Fälle der Suchtentwicklung sind in den meisten Fällen ein schleichender Prozess, der durch einen oftmals besorgniserregenden Drogenmix beschleunigt wird, Cannabis spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Gesundheit – Cannabis als Ausstiegsdroge: Cannabis hat sich längst in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft etabliert. Der Joint nach Feierabend ersetzt für viele Menschen das ein oder andere Bier in der Kneipe. Umfragen bei trockenen Alkoholikern haben ergeben, dass Cannabis als „Ausstiegsdroge“ während des Alkoholentzugs zu deutlich niedrigen Rückfallquoten führt. Auch nach Jahren der Alkoholabstinenz kann ein Bier fatale Folgen haben, ein Joint nicht.

Auswirkungen der Legalisierung auf die Kriminalitätsrate

Neue Studien zeigen, dass die Legalisierung von Cannabis weniger Gewaltstraftaten hervorbringtIllegaler Verkauf, Konsum, Anbau und Handel korrelierten immer mit einer entsprechenden Zahl an Straftaten – von Beschaffungskriminalität bis zu Raubüberfällen, dies ist unbestritten. Doch wie entwickelt sich dies in Zeiten der Legalisierung?

Erfahrungswerte: Mehrere Studien ergeben, dass die Legalisierung mit einer fallenden Anzahl von Strafdelikten verbunden ist. Eine bekannte Studie der Wissenschaftlerin Evelina Gavrilova (2017) zeigt auf, dass in Bundesstaaten der USA, in denen Cannabis legalisiert ist, die Zahl der Raubdelikte um bis zu 26 Prozent zurückgingen, weitere Gewalttaten um 11 Prozent.

Die Bandbreite der Delikte, die erst durch die Prohibition geschaffen wurden, ist groß: Die Skala reicht von vielen kleinen Verstößen, d. h. beispielsweise, die Oma aus der Nachbarschaft, die sich ein paar Gramm gegen die Alterseinsamkeit kauft, bis hin zu organisierten Schwarzmarkt Kartellen im großen Stil, Schmuggel und Bandenkriminalität. Ein Rückgang all dieser Delikte ist durch eine staatlich regulierte Abgabe zu erwarten.

Logistik: Voraussetzung für eine Senkung der Kriminalitätsrate ist eine durchdachte Umsetzung der Legalisierung. Ohne ein flächendeckendes Angebot an lizenzierten Verkaufsstellen wird der Schwarzmarkt immer noch die Oberhand behalten. Wer illegal um die Ecke kaufen kann, fährt nicht stundenlang in die nächste Stadt, um in einem entsprechenden Shop zu kaufen. Kanada hatte diese Erfahrung gemacht, anfangs gab es gerade einmal 24 Verkaufsstellen für 14 Millionen Einwohner und einen massiven Stau bei der Lizenzvergabe.

Preis und Nachfrage: Der Preis bestimmt das Interesse des Kunden, so ist es auch im Cannabisgeschäft. Für Deutschland heißt das im Klartext: Wenn lizenziertes Cannabis deutlich teurer abgegeben wird als auf dem Schwarzmarkt, wird dieser weiterhin boomen, ebenso die damit verbundenen Strafdelikte. Den meisten Konsumenten ist ein sauberes, legales und kontrolliertes Gras einen angemessenen Preis wert. Wenn dieser allerdings zu arg vom Preis des Dealers um die Ecke abweicht, werden vor allem Dauerkonsumenten nach wie vor Schwarzmarktprodukte bevorzugen.

Faktor Anbau: Selbst, wenn eine kontrollierte Freigabe von Cannabis im Regierungsplan verankert ist, wird der Eigenanbau vorerst weiterhin strafbar bleiben. Viele Kleinkonsumenten – vor allem im ländlichen Bereich – verlassen sich eher auf die eigene Ernte als auf die Fremdbeschaffung, auch aus finanziellen Gründen. So wird dieser Straftatbestand vermutlich zumindest vorerst weiterhin ein Thema bleiben.

Fazit

Deutschland gilt zwar als „Nachzügler“ in Sachen Legalisierung. Trotzdem kann postuliert werden, dass aufgrund der vielen positiven Erfahrungswerte und Statistiken der Vorreiterstaaten die Argumente der Legalisierungsgegner immer mehr entkräftet werden und die positiven Auswirkungen der Legalisierung auf Staat und Gesellschaft die negativen deutlich überwiegen.

Blick über den Tellerrand – sekundäre Auswirkungen der Legalisierung

  • Die mit der Legalisierung einhergehende Entkriminalisierung führt zur Öffnung neuer Forschungsfelder.
  • Für viele Mediziner gilt die Kulturpflanze Cannabis als „ungeöffnete Schatztruhe“, was die Vielzahl der Inhaltsstoffe und deren Wirksamkeit gegen viele Krankheiten betrifft.
  • Ein freier und entkriminalisierter Umgang mit Cannabis in Forschung und Entwicklung könnte auch in der Medizin viele – bisher verschlossene – Türen öffnen.

„Die Legalisierung von Marihuana ist kein gefährliches Experiment - das Verbot ist das Experiment und es ist dramatisch gescheitert, mit vielen Opfern in der ganzen Welt."

Sebastian Marincolo, Philosoph