Cannabislegalisierung – Welche Gesetze aktuell noch gelten
Nach jahrzehntelanger Diskussion zum Thema Cannabislegalisierung ist diese seit der Entscheidung der neuen Regierung in greifbare Nähe gerückt. Doch noch ist es nicht ganz so weit. Hier einige Fakten zur aktuellen Rechtslage, die Du wissen solltest:
Am 10. Dezember 1929 wurden die Opiumkonventionen vom damaligen Reichstag in Form des geänderten Opiumgesetzes in Deutschland gültig. Seither ist Cannabis in Deutschland verboten.
Geregelt wird dies über das deutsche Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Die Gesetzeslage innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sieht vor, dass Cannabis als Betäubungsmittel gilt. Anbau, Herstellung, Verkauf, Handel, Lagerung und Weitergabe von Cannabispflanzen oder deren Produkte sind nicht erlaubt.
Fakt
Das Verbot bezieht sich auf Cannabis als Rausch- und Betäubungsmittel.
Für medizinisch indizierten Konsum ist die Abgabe durch Apotheken verschreibungspflichtig gestattet.
Der Konsum von Cannabis zu Genusszwecken ist erlaubt. Wenn Du zu Hause einen Joint rauchst, ist dies per se nichts Verbotenes.
Medizinische Anwendung von Cannabisprodukten
Am 10. März 2017 wurde das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften in Deutschland verabschiedet. Ärzten ist es seither auch erlaubt, Medizinal-Cannabisblüten oder Cannabisextrakt in pharmazeutischer Qualität im Rahmen eines Betäubungsmittelrezepts zu verschreiben. Alle arznei- und betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben müssen eingehalten werden.
Getrocknete Cannabisblüten und Extrakte sowie Arzneimittel mit Dronabinol und Nabilon werden auf dem Betäubungsmittelrezept verordnet. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist § 31 Absatz 6 SGB V.
Sowohl der isolierte Wirkstoff THC als auch Schmerzmittel auf Basis von pflanzlichem Cannabis sind verschreibungspflichtig zugelassen. Verwendung von sogenanntem Medizinalhanf findet man hauptsächlich in folgenden Bereichen:
- Für die Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen
- Behandlungen innerhalb der Palliativmedizin
- Zur therapeutischen Behandlung von Patienten mit ADHS
- Bei Krankheiten wie Rheuma oder Multiple Sklerose
- In einigen Fällen kann medizinisches Cannabis auch verschrieben werden als Appetitanreger bei Diagnosen wie Aids oder Alzheimer sowie bei Übelkeit nach Chemo-Therapien
Vor der erstmaligen Verordnung eines Cannabispräparats musst Du als Patient die Genehmigung Deiner Krankenkasse einholen. Falls Dein Arzt die Dosierung eines bereits genehmigten Cannabisproduktes anpassen oder einen Wechsel zu anderen Cannabisextrakten in standardisierter Qualität vornehmen will, entfällt eine erneute Genehmigung der Krankenkasse.
Wird medizinisches Cannabis bei einer ambulanten Palliativbehandlung verordnet oder soll eine stationär begonnene Cannabistherapie ambulant weitergeführt werden, muss die Krankenkasse über den Antrag innerhalb von drei Tagen entscheiden. Ansonsten ist eine Frist von drei Wochen ausreichend. Krankenkassen dürfen den Antrag nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen.
Derzeit können Cannabisblüten – je nach Anamnese – mit einem THC-Gehalt von circa ein bis circa 22 % verordnet werden.
Rechtslage
Ein Rezept der Krankenkasse ist kein Freibrief für zusätzlichen Konsum!
Als Besitzer eines Cannabis-Rezeptes wirst Du im Falle des Besitzes von Cannabisprodukten außerhalb der verschriebenen Menge genauso zur Verantwortung gezogen wie jeder andere Konsument!
Da die Medikation mit Cannabis mit regelmäßigen Blutwertkontrollen einhergeht, kann ein nachgewiesener zusätzlicher Konsum zur Folge haben, dass die Rezeptierung rückgängig gemacht wird.
Spezialfall: Rechtslage bei CBD-Konsum
Anders als bei klassischen Cannabis-Produkten mit hohem THC-Gehalt stellt sich die Rechtslage bei CBD-Produkten dar. Aber Vorsicht! Ganz ausgeschlossen sind CBD-Produkte vom BTMG nicht:
In Deutschland ist die Rechtslage für Konsumenten von CBD grundsätzlich unkompliziert: CBD-Produkte aus Vollspektrum-Extrakten mit einem THC-Wert unter 0,2 Prozent gelten als legal.
Cannabis-Blüten aus EU-Nutzhanf mit einem nachgewiesenen THC-Gehalt unter 0,2 % sind für lizensierte Landwirte, welche Hersteller beliefern legal.
Einschränkungen der Legalität: Neben dem vorgeschriebenen geringen THC-Anteil unterliegt der Verkauf von CBD-Produkten wie Öl, Kristalle, Kapseln, Liquid etc. folgenden Bedingungen:
- Die angebotenen Produkte dürfen nur ausschließlich als Kosmetikartikel bzw. Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden
- Herstellern ist es nicht erlaubt, ein Heilversprechen abzugeben
- Das Mindestalter für Käufer ist 18 Jahre
Hier eine Übersicht
Bereich | Rechtslage |
---|---|
CBD-Öl | Legal, auch als Nahrungsergänzungsmittel |
CBD-Blüten | Legal bei THC-Gehalt < 0,2 % |
CBD-Genussmittel, z.B. Schokolade, Tee | Legal bei THC-Gehalt < 0,2 % |
Anbau von CBD-Cannabis | Legal nur als Landwirt mit Registrierung, Legalität ist beschränkt auf EU-Nutzhanf |
Beschluss des Europäischen Gerichtshofes zum Umgang mit CBD-Produkten
Jede Rechtslage hat eine Grauzone
Eigenbedarf und Toleranzgrenze: Es gibt viele Gerüchte darüber, dass es legal ist, eine bestimmte Menge an Cannabisprodukten zu besitzen. Das ist zurzeit offiziell nicht der Fall. Wirst Du mit einer geringen Menge Cannabis erwischt, kann die Staatsanwaltschaft aber unter bestimmten Voraussetzungen von einem Strafverfahren absehen. Man spricht in diesem Fall von Eigenbedarf oder der sogenannten Toleranzgrenze.
Das Verfahren kann eingestellt werden, wenn:
- Du keine Vorstrafen hast
- Du die Droge nachweislich nur für den Eigenbedarf nutzt
- kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung besteht
Eine Menge von über 7,5 Gramm THC ist nach aktueller Gesetzeslage eine „nicht geringe“ Menge. Dies stellt einen Straftatbestand dar und kann empfindliche Strafen zur Folge haben.
Was hingegen als „geringe Menge“ eingestuft wird, ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Die Grenzmengen für Eigenbedarf innerhalb Deutschlands divergieren erheblich. So liegt beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Grenze bei 10 Gramm, in Berlin bei 15, in Bayern hingegen bei nur 6 Gramm.
Hintergrund der tolerierten Grauzone ist unter anderem der unverhältnismäßig zeitintensive Bürokratieaufwand seitens Polizei und Staatsanwaltschaft, welcher hinter jedem einzelnen Einsatz steckt. Außerdem sind im Vergleich zur legalisierten Droge Alkohol bei Cannabis-Konsumenten deutlich weniger Strafdelikte (z. B. häusliche Gewalt etc.) zu verzeichnen.
Mit welchen Strafen muss ich vor der Cannabislegalisierung rechnen?
Sowohl der Anbau als auch der Besitz von Cannabis ist derzeit durch § 29 des BtMG geregelt. Es drohen – je nach Menge und Vorstrafen – Geldstrafen oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
Theoretisch könnte auch beim Delikt des Anbaus die Eigenbedarfsgrenze greifen. Das Gegenargument des Staates: Baut man selbst Cannabis an, kommt man schnell auf eine nicht geringe Menge. So fällt auch der Anbau von nur einer Pflanze in der Regel nicht unter Eigenbedarf.
Für das Strafmaß sind die Menge und die Umstände ausschlaggebend: Wer nur ein oder zwei Pflanzen besitzt und keine Vorstrafen hat, besitzt gute Chancen, mit einer geringeren Strafe davonzukommen als jemand, der eine ganze Plantage angepflanzt hat.
Kiffen und Autofahren – aktuelle Rechtslage
Gemäß § 24a II StVG handelt derjenige, der unter der Wirkung berauschender Mittel am Straßenverkehr teilnimmt, ordnungswidrig.
Eine gesetzliche Obergrenze für die Fahrtauglichkeit wie die Promillezahl beim Alkohol existiert derzeit vor der Cannabislegalisierung noch nicht. Die meisten Gerichte in Deutschland orientieren sich an einem Grenzwert von einem Nanogramm THC pro Milliliter Blut. Zwei Nanogramm akzeptiert lediglich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Ab diesem Orientierungswert drohen laut Bußgeldtabelle saftige Bußgelder, Punkte in Flensburg und sogar ein Fahrverbot – je nachdem, ob die Fahrt als Ordnungswidrigkeit oder als Straftat eingestuft wird. Darüber entscheidet u.a. das Drogenscreening.
Bei hohen THC-Blutwerten oder einer Vorgeschichte des Fahrers kann die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen werden und kann erst nach einer Sperrfrist und bestandener MPU wiedererlangt werden.
Fakt
Bei einmaligem Konsum dauert es maximal einen Monat, bis im Blut kein THC mehr festgestellt werden kann.
Behandlung mit medizinischem Cannabis: Der Gesetzgeber macht aber mit der „Medikamentenklausel“ in § 24a II StVG eine Ausnahme. Es besteht ein Unterschied, ob jemand eine Droge aus Freude am Rausch konsumiert auf ein cannabishaltiges Medikament angewiesen ist. Nach § 24a II 3 liegt dann keine Ordnungswidrigkeit vor, wenn die (normalerweise das Fahrverhalten beeinträchtigende) Substanz Bestandteil eines verordneten Medikamentes ist.
Vorsicht! Die Fahrerlaubnisbehörde kann Dir gem. § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV trotzdem den Führerschein entziehen, da eine Verkehrstüchtigkeit auch bei bestimmungsgemäßen Konsum auf Rezept nicht gegeben ist. Allerdings liegt gesetzlich durch die Medikamentenklausel kein Straftatbestand vor.
Der Plan zur Cannabislegalisierung
Nach jahrelangem Hick-Hack verschiedener Bundesregierungen scheint das dreifarbige Licht der Ampelkoalition am Ende des Tunnels.
Festgeschrieben im Koalitionsvertrag vom 24.11.2021 einigt sich die zukünftige Regierung auf die legale kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken.
An dieser Stelle der Wortlaut der Vereinbarung im Koalitionsvertrag:
Drogenpolitik: Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein. Dadurch wird die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet. Das Gesetz evaluieren wir nach vier Jahren auf gesellschaftliche Auswirkungen. Modelle zum Drugchecking und Maßnahmen der Schadensminderung ermöglichen und bauen wir aus. Wir verschärfen die Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol, Nikotin und Cannabis.
(Quelle: Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom 24.11.2021)
Ein festgelegtes Zeitfenster, ab wann die Cannabislegalisierung in Kraft tritt, gibt es bisher nicht. Sicher ist allerdings, dass es bis zur endgültigen Freigabe noch etwas dauern wird. Aufgrund drängenderer Themen ist es wahrscheinlich, dass die Legalisierung keine Priorität genießt.
Statistiken zufolge dauert es in Deutschland durchschnittlich etwa 175 Tage, bis ein Gesetzgebungsprozess durchlaufen ist. Erst dann kann ein Gesetz in Kraft treten.
Der Verkauf wird vorerst auf lizensierte Händler beschränkt sein.
Der Eigenanbau bleibt bis auf Weiteres verboten.